Die Familie Tendering auf Haus Ahr verfügte nicht nur über ein gewisses Barvermögen, wie aus den Akten verschiedener Höfe hervorgeht, sondern sie besaß auch mancherlei Grundbesitz, sowohl einzelliegende Grundstücke als auch ganze Höfe. Einer davon war der Möllmannshof, der wahrscheinlich früher zu der aufgegebenen Balkenmühle gehört hatte. Karl Tendering, der die Verwaltung aller Liegenschaften der Familie Tendering im Namen seiner Mutter, der Witwe Karoline Tendering, führte, verschmolz die verschiedenen Höfe und Weiden mit dem angekauften Rittersitz und schuf so ein neues Gut Ahr.
In den Jahren 1821/23 entstand die Straße, die von der Frankfurter Straße in gerader Richtung zum Möllmannshof führt. Sie ersetzte den Weg, der bis dahin zwischen Haus Ahr und Hesper Hof verlief. Dieser Weg war bei jedem Hochwasser überschwemmt; die Leute liefen dann über die angrenzenden Felder, was zu mancherlei Ärgernissen führte.


Unter Karl Tendering wurde auf der Hofstätte des Möllmannshof ein großes Gebäude errichtet, dem man den Namen „Ochsenstall“ gab. Hier wurden die Mastochsen aufgestellt, wenn sie von den linksrheinischen Weiden kamen. Zum Verkehr zur linken Rheinseite diente eine eigene Ponte (Fähre). Das Gebäude ist nicht mehr erhalten
Ebenfalls auf dem Möllmannshof gründete Karl Tendering eine Schnapsbrennerei, welche zwar nach dessen Tode – 1839 – lange Zeit still lag, jedoch von seinem Nachfolger Julius Aus‘m Werth 1858 wieder in Betrieb genommen und in Pacht gegeben wurde. Unter Karl Hefelmann, der von 1866 an lange Zeit hier wirkte, gelangte der „Ahr‘sche Korn“ zu gutem Ruf. Durch die Einberufung des Brenners Wilhelm Schmidt 1914 zum Kriegsdienst musste die Schnapsbrennerei eingestellt werden. (Bis hier weitgehend nach Schriften von Walter Neuse).


Die Brennerei bestand aus zwei Fabrikationsräumen, einem zweigeschossigen Wohnhaus und Stallungen. Während des Weltkrieges und den gerade auch im Ruhrgebiet sehr unruhigen Jahren danach war an eine Wiederbelebung nicht zu denken. Doch nach dem Ende der Inflation gab es ein kleines „Wirtschaftswunder“ und es begannen die „Goldenen zwanziger Jahre“, die bis zu der großen Weltwirtschaftskrise 1929 anhielten.
Die neue Zuversicht machte sich auch in Voerde bemerkbar und die damaligen Eigentümer – die Von-Rigal‘sche-Güterverwaltung – gründeten eine GmbH mit dem Titel „Strandhaus und Badebetriebsgesellschaft ‚Haus Ahr’“. In der damaligen Bauakte findet sich die folgende „Gebäudebeschreibung“:
Die zum Gute Haus Ahr in Voerde gehörige, unmittelbar am Rhein gelegene Brennerei ist seit Jahren stillgelegt. Der Besitzer des Gutes, Freiherr von Rigal, beabsichtigt, durch die zu diesem Zwecke gebildete Strandhaus- und Badebetriebsgesellschaft ein allen modernen Anforderungen entsprechendes Strandbad einzurichten und in Verbindung hiermit die Brennerei zu einem erstklassigen Kaffee und Strandhaus umzubauen.


Das Strandbad soll zwischen den, dem Gebäude gegenüberliegenden Buhnenköpfen eingerichtet werden, indem die Köpfe durch einen Tonnen-Laufsteg verbunden und die dazwischen liegende Fläche hierdurch zum offenen Strom vollständig abgesperrt wird. Durch Anschüttung mit Kies und Sand wird ein Teil des Bades soweit angefüllt, dass er für Nichtschwimmer dienen kann. In unmittelbarer Nähe des Bades werden die für männliche und weibliche Besucher getrennten Umkleideräume mit den erforderlichen Abortanlagen errichtet. Die zwischen Bad und Strandhaus vorhandene Wiese soll der Jugend als Spiel- und Tummelplatz, sowie den Badenden als Ruheplatz dienen.
Und weiter heißt es:
Wie aus den Zeichnungen zu ersehen, ist vor allem darauf Rücksicht genommen, dass sämtliche Gasträume außergewöhnlich viel Fensterflächen erhalten, so dass Fronten mit Aussicht auf den Rhein ganz durch Fenster aufgeteilt sind.

Der Umbau wurde etwa 1927 abgeschlossen. 1929/30 wurde die Küche durch einen Anbau erweitert und modernisiert.
Strandbad und Gaststätte müssen sich in den kommenden Jahren einer zunehmenden Beliebtheit erfreut haben. Das ist nicht nur auf einigen erhaltenen Postkartenbildern zu erkennen, sondern auch daran, dass sich 1938 die Ortspolizeibehörde zum Einschreiten genötigt sah. Der Amtsbürgermeister entwarf am 4. März einen Brief an die Freiherrlich von Rigalsche Güterverwaltung:


Der gesteigerte Fremdenverkehr in Götterswickerhamm hat auch dem Strandhaus Ahr dortselbst einen Publikumsverkehr gebracht, welcher bei der Konzessionserteilung im Jahre 1928 nicht vorausgesehen werden konnte. Infolgedessen sind die Abortanlagen für Frauen mit 2 Sitzen, welche damals genügt, vollständig unzureichend geworden. Wie Gäste des Hauses der hiesigen Stelle mitgeteilt haben, ist es im letzten Sommer vorgekommen, dass Frauen wegen starken Andrangs die Herrenaborte benutzen mussten…
Ob der Brief tatsächlich abgesandt wurde, lässt sich aus der Akte nicht ersehen. Ein weiteres Indiz für den blühenden Fremdenverkehr ist darin zu erkennen, dass offensichtlich bereits damals die Notwendigkeit bestand, für Kraftfahrzeuge Parkplätze auszuweisen. Es wurde die Aufstellung eines entsprechenden Schildes beantragt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude wohl nicht nennenswert beschädigt, hat aber anscheinend unter anderen Kriegsfolgen gelitten. Das geht aus der Baubeschreibung für einen Wiederaufbau-Antrag kurz nach Kriegsende hervor:
Das Strandhaus Ahr ist durch Kriegseinwirkung beschädigt worden. Das Gebäude an sich hat weniger Schaden davon getragen als der innere Ausbau und die Einrichtungen, was in der Hauptsache durch Ausplünderung und mutwillige Zerstörung geschehen ist.
Im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau sollten im Ober- und Dachgeschoss Wohnungen eingebaut werden, während die Wohnung für den Wirt auf Kosten des Saales im Erdgeschoss eingerichtet wurde.
Anscheinend gab es danach aber doch eine Art Hotelnutzung, weil 1967 ein Nutzungsänderungs-antrag gestellt wurde, um aus Hotelzimmern im Obergeschoss zwei Mietwohnungen zu machen.
Auch die Eigentumsverhältnisse dürften sich nach dem Zweiten Weltkrieg geändert haben. Jedenfalls werden in der Folgezeit Bauanträge nicht mehr von der bisherigen GmbH, sondern von verschiedenen wechselnden Privatpersonen eingereicht.
1975 beantragte der damalige (und möglicherweise letzte) Privateigentümer auf dem stromaufwärts gelegenen Teilgrundstück die Errichtung eines Schnellrestaurants. Nach fünf Jahren wurde die Genehmigung schließlich versagt, weil die Straßenbauverwaltung eine zu große Verkehrsbelastung für die Landesstraße befürchtete.
Schon in den sechziger Jahren hatte der Rhein unter den Folgen der rasant fortschreitenden Industrialisierung zu leiden. Die Wasserqualität war so schlecht geworden, dass an eine Wiedereröffnung des Strandbades nicht zu denken war. Gleichzeitig waren die ersten beiden Blöcke des Steag- Kraftwerkes errichtet worden, und die Kraftwerksgesellschaft bemühte sich, die umliegenden Grundstücke aus Immissionsschutzgründen oder für künftige Erweiterungen zu erwerben. So auch das Strandhaus Ahr, das in den Besitz der Steag überging.
Als 1990 ein Bebauungsplan für einen neuen Kohlekraftwerksblock aufgestellt wurde, der die beiden ältesten Blöcke ersetzen sollte, plante der Kraftwerksbetreiber, das Strandhaus Ahr abzureißen. Die Stadt konnte jedoch eine vertragliche Vereinbarung erreichen, nach der die Gaststätte so lange betrieben werden durfte, wie es nicht zu Beeinträchtigungen für Bau und Betrieb neuer Kohleblöcke käme.
Da es keine neuen Kohleblöcke mehr gab, konnte die Traditionsgaststätte bis heute erhalten werden.