Haus Wohnung ist ein ehemaliger Rittersitz im Voerder Stadtteil Möllen.
In den Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts finden sich folgende Bezeichnungen: „Woningen“, „Woninghen“, „Wonning“, „Wonningen“, „Wohnighen“, „Wohynghen“ und „Wonneghen“. Ab Ausgang des 16. Jhdts verfestigt sich der Name “Wohnung“; er bedeutet „das große Haus“. Hierdurch sollten Bedeutung und Bauart gegenüber umliegender Bauern- und Katenhäuser hervorgehoben werden. In der Möllener Mundart der Alteingesessenen wurde von „op ter Wonning“ gesprochen.

Die älteste Erwähnung bezieht sich auf eine Urkunde vom 31.07.1327 (St.A.D. Stift Rees, Urk. 108), nach welcher die Abtei Kamp vor dem Gericht Götterswick ihren Hof an das Stift Rees verkauft. Darin wird gesagt, dass Arnd v. d. Wonyngen gemeinsam mit der klevischen Grafenwitwe Mechtild die Gerichtsbarkeit im Bezirk Götterswick (bis Ausg. des 17. Jhdts) besitzt.
Die Herren v. d. Wonyngen gehören zu den Geschlechtern, die als freie, unabhängige Herren in ihrem Bezirk regierten. Arnd v. d. W., der jüngere, bekleidet das Richteramt am 17. Mai 1368 in Götterswick und steht im Dienst des Grafen von Kleve (St.A.D. Abtei Hamborn, Urk. 52). Der letzte des Stammes, Johann v. d. W. verfügte darüber als Lehen.

Haus Wohnung unter dem Rittergeschlecht von der Kapellen
Im 14. Jhdt. sind die ersten Generationen des Rittergeschlechts v. d. Kapellen in und bei Wesel ansässig; sie gehörten zum klevischen Landadel.

Johann v. d. Kapellen I
Erhält am 17. Juni 1410 Haus Woningen als Lehen. Bei seinem Landesherrn stand Johann in hohem Ansehen. Von diesem wurde er zum Drosten des Landes Dinslaken und zum Rentmeister des Bezirks Dinslaken und Wesel berufen. Durch Ankäufe sucht er seinen Besitz zu vermehren.

Johann v. d. Kapellen II (gest. 1478)
Er wurde vom Herzog von Kleve und Graf von der Mark mit einem rechten Mannlehen mit 3 Lehen, „zum ersten mit dem Hause und Hof ter Wonynghen mit seinem Zubehör, so wie das gelegen ist“, bedacht.
Johann v. d. Kapellen II gehört zu den Vertrauensleuten seines Landesherrn. Er hatte zur Frau Jutta v. Brienen („Juffer Jutta, seine echte Frau“), mit der er am 13. April 1437 den Heiratsvertrag (Hillixvertrag) abschloss. Jutta brachte zahlreiche Morgen Land als Heiratsgut mit in die Ehe. In seinem Testament, geschrieben 1478, bestimmt Johann v. d. Kapellen II, was sein ältester Sohn bekommen soll, u.a. das Haus zur Wonynghe, wie es in seinem Bau daliegt und eine Hufe in Walsum, ein Lehen, das mit zur Wonynghe gehört.

Johann v. d. Kapellen III (1479 – 1499)
Belegt ist ein Erbteilungsvertrag zugunsten Johanns und seines Bruders Jakob vom 29. Juni 1480. Johann v. d. Kapellen III wurde vom Herzog von Kleve am Martinitage 1480 mit denselben Lehen bedacht, die auch seinem Vater seinerzeit verliehen waren; nämlich u.a. auch mit Haus und Hof Woningen.

Der Herr auf Haus Woningen ist gleichzeitig Pächter der Möllener Kornmühle. „Nach dem Pachtvertrag, den er 1493 auf 6 Jahre abschließt, beträgt des jährliche Pachtzins:
4 Malter Weizen
37 Malter 1 Scheffel 1 Spint Roggen
18 Malter 2 Scheffel 3 Spint Malz.“
Die Mühle lag an einem Bach, dem Überbleibsel eines Rheinarmes, der vor mehr als 1000 Jahren das heutige Wiesengebiet zwischen Götterswickerhamm-Löhnen-Mehrum einerseits und Möllen-Voerde-Mehr andererseits durchfloss.

Dieser Bach führte den Namen „Schleusengraben“, weil er an seiner Abzweigung vom Rhein eine Schleuse errichtet worden war. Gleich unterhalb der Schleuse stand das aus Holz gebaute Mühlenhaus auf einem Balkengerüst, welches seinerseits auf eingerammten Pfählen ruhte.
Der Standort dieser „Balkenmühle“ ist einige 100 Meter West/Südwest des heutigen Strandhauses Ahr zu suchen. Die Mühle bestand noch 1586.
Durch Verlagerung des Rheinbettes wurde das Gelände nach und nach abgespült. Die Wiese zwischen dem Deich beim Strandhaus Ahr und den Rhein trägt heute noch den Namen „Mühlenkolk“.

Zu jener Zeit, da Johann III Pächter dieser Mühle war, bekleidete sein Bruder Jakob das Rentmeisteramt des Landes Dinslaken. In seinem Rechnungsbuch 1495/96 berichtet dieser über die Mühle:
„Des anderen Tages nach St. Andreastag 1495 kam des Nachts ein großer Sturm mit Regen und ein unversehens unverhofft übergroßes Gewaltwasser und hat die Flutbühne zerbrochen, die nun mit den Schütten (Mühlenwehr) und einem Teil der Pfosten, darauf die Mühle stand, weggetrieben, wodurch die Mühle so sehr zerbrochen, daß sie vollständig ‚umgedreven und gefallen‘ ist. Hab ich dann den Meister Johann Stolle … herbeigeholt, um Holz zu beschlagen, daraus man Planken schnitt etc. … und alles zu tun, um die Mühle wieder gängig zu machen. Er hat darüber mit seinen Knechten 24 Tage gearbeitet …“. Übrigens: Jakob bekam vom Abt der Abtei Werden Haus Voerde zu Lehen.

Johann v. d. Kapellen IV (gest. 1529)
Johann empfängt am 14. Febr. 1503 u. a. Haus und Hof Woningen zu Lehen.
1523 wurde er sitz- und stimmberechtigtes Mitglied des klevischen Landtags, nachdem 2 Ritterbürtige beschworen hatten, dass seine Vorfahren in 4 Generationen sowohl väterlicher-, als auch mütterlicherseits adeligen Geblütes waren. Nach einem heftigen Erbstreit zwischen den Brüdern Johann und Robert, wurde 1520 eine endgültige Erbauseinandersetzung herbeigeführt, wonach Johann im Besitz von Woningen blieb. Zur Gemahlin hatte Johann IV Sophia v. Wittenhorst, die er 1475 ehelichte. Nach seinem Tode 1529 ging seine Witwe eine 2. Ehe mit Adolf v. Wyenhorst ein. Von seinen Kindern widmeten sich 5 dem geistlichen Stand. Der älteste Sohn, Johann, wurde Nachfolger auf Haus Woningen. Sein Bruder Robert v. d. Kapellen heiratete Margaretha v. Espendorp und bewohnte Haus Esselt.

Johann v. d. Kapellen V (gest. 1576)
Seine Belehnung mit Haus und Gut ter Woningen erfolgt 1530. Haus Woningen gehörte damals zur Kirchengemeinde Eppinghoven.
Johann V war in 1. Ehe verheiratet mit Elisabeth v. Weeze, in 2. Ehe mit Margarete v. Kerkering zum Stapel, verwitwete v. Münchhausen.
Aus der ersten Ehe gingen 5 (u. a. Balthasar) und aus zweiter Ehe 1 Kind hervor; außerdem hatte er noch einen Bastardsohn Bernd.

Balthasar v. d. Kapellen (der letzte der von der Kapellens)
Sein Leumund war nicht der beste. Im Streit mit seinem Vater hatte er das Schwert gezogen und ihn verwundet. Diese Umstände wollten sich einige Verwandte zunutze machen, um die Woningschen Lehen an sich zu bringen.
Balthasar macht darauf aufmerksam, dass er der einzige berechtigte Lehnsnachfolger ist. Bei der Obrigkeit hat er inzwischen Abbitte ob seines schlechten Verhaltens geleistet: „Werde mit Verleihung göttlichen Beistandes die übrige Zeit meines Lebens Ihrer Fürstlichen Gnaden als ein getreuer, gehorsamer, friedfertiger, armer vom Adel mit Darstreckung Leibes und Gutes mich getreulich erzeigen …“ – Wonyngen, am 5. Sept. 1577, Balthasar v. d. Kapellen tho der Wonyngen.

Er klagt und die Klagen über seine Not sind wohl berechtigt. Bereits am 24. Nov. 1576 verkauft der edle und ehrenhafte Balthasar v. d. Kapellen ther Woninge vor dem Gericht Walsum dem ehrenfesten Wilhelm van Barßdunck und dessen Frau Anna Ingenhoven ein Kämpchen Weideland „boven der Stappen“.

Am 20. Dez. 1577 teilt die klevische Regierung dem Landdrosten zu Dinslaken mit, dass sie den Herzog gebeten hat, dem Balthasar v. d. Kapellen die an seinem Vater „begangene Verwundung“ zu vergeben und die nachgesuchte Belehnung, wie auch den Verkauf des Rönsken-Hofes an Jörgen Sieberg zu Foirde (Voerde) zu bewilligen, unter Zahlung eines Reichstalers an die Kanzlei Kleve. Die endgültige Belehnung erfolgte am 10. Jan. 1578. Im Anschluss daran kündigte er das Gut „Rünsche“ (Rönsken) auf und übergab es zu Behuf des J. v. Sieberg auf Haus Voerde.
Zu seiner Ehefrau erwählte er sich Katharina v. Hönnepel vom Hause Groin im Kreise Rees.

Der spanisch-niederländische Krieg brachte großes Elend über das niederrheinische Gebiet und die durchziehenden Truppen verschonen auch die adeligen Häuser nicht. 1598 wurden Haus Endt und Haus Götterswick bis auf den Grund zerstört; von Haus Wohnung wurde nur dessen Vorhof geplündert.

Balthasar v. d. Kapellen starb am 22. Mai 1591 und fand in der „groten Kerk“ zu Duisburg seine letzte Ruhestätte. Seine Frau, Katharina von Hönnepel konnte als „Frau“ nicht allen Lehnspflichten nachkommen, da Haus Wohnung ein „Mannlehen“ war und bevollmächtigt daher ihren Neffen Arnold v. Linteloe. In den Jahren zwischen 1598 und 1603 geht sie eine zweite Ehe ein mit Johann v. Götterswick, Pächter des Gutes Worm-Götterswick in Löhnen. Bis 1610 wohnen diese Eheleute auf Haus Wohnung.

Haus Wohnung unter den Herren von Doornick (1611 – 1794)
Haus Doornick wird mit der Betuwe im Kirchspiel Zetten, südöstlich von Wageningen in Holland in Verbindung gebracht. Durch den Übergang der Betuwe in den Besitz der Grafen von Kleve wurde Haus Doornick klevisches Lehnsgut.

Johann v. Doornick I (Herr zu Wohnung 1611 – 1622)
Nachdem Johann v. Doornick Witwer geworden war und auch seine Tochter Elisabeth begraben musste, heiratete er 1608 Sophia v. d. Kapellen, Erbin von Haus Wohnung. Deren Mutter fühlte sich durch ihre 2. Heirat mit Johann v. Götterswick versorgt und verzichtet auf ihre Rechte an Haus Wohnung. Am 18. Okt. 1610 wendet sich daher Johann v. D. an die klevische Lehnskammer und erklärt:
„Elisabeth v. d. Kapellen ist vor Zeiten minderjährig gestorben. Ihre Mutter Katharina v. Hönnepel, Witwe des Balthasar v. d. Kapellen hat durch Heirat ihrer Tochter Sophia v. d. Kapellen die Leibzucht auf Haus Wohnung abgetan und vergeben. ‚Also ist meines, Johann v. Doornick, Ehevogt der Jungfrau Sophia v. d. Kapellen, ganz demütigst und freundlich Ersuchen und Gesinnen, den Arnold v. Linteloe von dieser Belehnung zu entlasten und mich an dessen Platz zu belehnen.‘“ Sein Gesuch bringt den gewünschten Erfolg am 30. Juni 1611.

In kurzer Zeit hat sich der neue Herr von Haus Wohnung bei seinen Standesgenossen und bei der Bürgerschaft Vertrauen und Ansehen erworben. Die Kirchengemeinde Götterswickerhamm zog ihn zu den Verhandlungen heran, die bei der Revision des kirchlichen Armenfonds gepflogen wurden.
Johann v. Doornick starb 11 Jahre darauf und seine Frau, Sophia v. d. Kapellen teilt der Lehnkammer mit, das ihr „Ehewirt …, Lehnsträger des adeligen Lehens zur Woningh durch den unwandelbaren Willen des allmächtigen Gottes am 26. Nov. 1622 aus diesem zergänglichen Leben in das ewige abgefordert worden“ und ihre Kinder noch unmündig sind.
Da sie nun für sich einen Lehnsträger benennen muss, so bittet sie, Ihren Vetter Arnold v. Linteloe zu ihrem Behuf zu belehnen. Daraufhin wird ihr der „Mutzettel“ ausgestellt, eine Bescheinigung, dass sie das Lehen rechtzeitig „gesonnen“; d. h. eine Belehnung nachgesucht hat. Die Neubelehnung musste innerhalb einer Frist von einem Jahr und sechs Wochen beantragt werden.
Sophia v. d. Kapellen, in 2. Ehe mit Johann v. Haeften verheiratet, war noch lange Glück beschieden und starb am 20. Aug. 1658. In der Kirche des Klosters Marienkamp zu Dinslaken bettete man sie zur letzten Ruhe. Johann v. Doornick erbte Haus Wohnung.

Johann v. Doornick II
Er war der älteste Sohn des Vorgängers und war erst 12 Jahre alt, als sein Vater starb; Berater und Verwalter war deshalb Evert-Eberhard v. Anthen. Am 14.03.1634 wurde dieser gebeten, nach Haus Ahr zu ziehen.
Als Johann das Mündigkeitsalter erreicht hatte, wurde er von der Lehnskammer zur Belehnung zu einem festgelegten Termin in Kleve geladen. Es folgten zwei weitere Vorladungen, zu denen er jeweils nicht „in persona“ erschien, sondern sich vertreten ließ.
Am 10. Febr. 1647 wurde er bei der klevischen Ritterschaft aufgeschworen. Die Zubehörungen der Lehngüter gibt er am 26. Aug. 1661 folgendermaßen an:
„Das Lehen besteht in dem Hause Wohnung samt dem Busche, einer Wassermühle, dem Pliesterkamp, so dann in einem geringen Felde, die Brey und kleine Roode genannt und in 12 oder 13 Morgen Landes, so in Walsum gelegen sind.“ In einer Katasterkarte von 1733 findet man die genaue Aufteilung der Grundstücke mit Benennung des Flächeninhalts.
Als Pächter der Mühle sind genannt: 1669 Kaspar Fuchs, 1681 dessen Sohn Hermann, 1701 Petrus Fuchs (Müller auf Wohnung). Zum geerbten Grundbesitz des Vaters kaufte Johann v. Doornick noch einige Liegenschaften hinzu.

Mit der Errichtung seines Testaments ließ sich J. v. Doornick Zeit; schließlich formulierte er doch ein solches: „Durch Gottes Gnade habe ich ein hohes Alter (74) erreicht … und werde ohne Leibeserben absterben.“ Zu seinem Universalerben setzt er seinen Neffen Johann Dietrich, den zweiten Sohn zu Lackhausen, ein. Seine Absicht geht dahin, „den v. Doornickschen Mann- und Stammesnamen zu konservieren“. Bedacht wird auch die „vielgeliebte Friederike Sophia Johanna v. Butberge“, Erzieherin auf Haus Wohnung. Wegen ihrer treu geleisteten Dienste erhält sie auf Lebenszeit Unterkunft und Verpflegung auf Haus Wohnung und die Einkünfte aus einer Weide am Stapp. Als letzter der Erbfolge wird Johann Carselis v. Ulft gen. Doornick benannt. Dem Kirchenbuch Eppinghoven kann entnommen werden: „1695, den 10. Januar, morgens zwischen 2 und 3 Uhr, starb Baron Johann v. Doornick, Herr zu Haus Wohnung und Schoonoort, im Alter von 82 Jahren, 6 Monaten und 24 Tagen.“

Johann Carselis v. Ulft genannt Doornick III
1695 trat dieser sein Erbe des Onkels auf Haus Wohnung an. Das bestand aus dem Haus und Hof, der Brey, der Roode, dem Pliesterkamp, dem Busch, der Wassermühle und sonstigen Liegenschaften.
Die Belehnung mit Haus Wohnung erfolgte am 13. Jan. 1696 und einer Lehnserneuerung am 28. Nov. 1713. Er fand ein „sehr altes, baufälliges Haus“ vor, das er mit „großen Unkosten zum Teil neu gebaut, zum Teil repariert“ hat. Dazu gehörte auch die Zugbrücke, der Zugang vom Vorhof zum Hauptgebäude, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bestand.
Südlich des Hauses legte er einen Lustgarten an, in dem auch das „Lusthäuschen“ nicht fehlte.

Die Steine zur Reparatur, bzw. des Neubaus des Hauses Wohnung gewann der Bauherr aus einem eigenen Ziegelofen. Das erforderliche Holz lieferte der Wald in der Wülbeck; Einnahmen aus dem Verkauf von Baumstämmen trugen dazu bei, die Baukosten zu tilgen, was zu Streitigkeiten mit der Regierung zu Kleve führte, da das Holz ohne vorherige Genehmigung gefällt wurde. Die Erteilung einer solchen Genehmigung war nur sehr umständlich zu erreichen. Ein weiteres Ärgernis für den Herrn auf Haus Wohnung war die Anlage des „Wohnungschen Leitgrabens“. Die Zufuhr des Wassers aus dem Bruckhauser Bruch zu der Voerder Mühle und von da durch den Mommbach zum Rhein versumpfte die Wiesen. Das Wasser staute sich vor der Schleuse bei Mehrum. Schließlich kam man überein, die Niederung von der Mittelbrücke zum Zenzen Kamp auszunutzen, von wo aus das Wasser in den Mühlenkamp geleitet werden könne.

Da man versäumt hatte, sich um die Zustimmung des Herrn von Wohnung zu bemühen, sah sich dieser gezwungen, in der Folge 3 Brücken bauen zu müssen, damit er von seiner Allee zur Bruchkampstraße und auf die Heerstraße nach Wesel gelangen könne. Die Verlegung einer Schleuse an einer Brücke über den Umleitungsgraben war ebenfalls notwendig geworden.

Die Ursache war folgende: In damaliger Zeit war jedem Hausvater vorgeschrieben, bei welcher Mühle er zu mahlen hatte; trotzdem nutzten einige Leute eine andere Mühle, die näher lag oder weniger „Mulster“ (Mahlgut als Entlohnung) nahm. Die Wohnungsche Mühle gehörte zu den Mühlen „ohne Zwang“, ihr war niemand zugewiesen. Um es jedoch zu ermöglichen, die Mühle bequem zu erreichen, ließ Johann Carselis eine Brücke über den Umleitungsgraben am Mühlenbüschchen anlegen. Um den Anschein zu wahren, als dulde er keinen Gebrauch seiner Mühle von Unberechtigten, wurde der Weg über den Hausplatz verboten. Diese Maßnahmen ergriff er, um sein Mahlrecht nicht zu verwirken.

Haus Wohnung, das Johann Carselis mit vielen Kosten zu einem der schönsten Herrensitze der Umgegend gestaltet hatte, war ihm inzwischen verleidet. Er zog sich nach Steprath zurück, dem Erbgut seiner Frau, wo ihn der Tod am 3. Nov. 1724 von seinen Leiden erlöste. In der Kirche zu Walbeck wurde er begraben. Die Kirchengemeinde Eppinghoven verlor mit ihm ihren Oberkirchmeister. Viele Jahre versah er gemeinsam mit Johann Adolf v. Hamm auf Haus Ahr dieses Amt. Freifrau Johanna Maria v. Steprath ist (lt. Eintrag im Kirchenbuch Eppinghoven) am 14. Nov. 1739 im Alter von 67 Jahren gestorben.
Mit Johann Carselis waren seinerzeit 2 seiner Schwestern auf Haus Wohnung eingezogen: Woltera Stephania und Elisabeth Katharine. Letztere erwies sich sehr großzügig mit Zuwendungen an das Kloster Marienkamp in Dinslaken.

Reiner Johann Theodor v. Doornick gen. Ulft IV
Als ältester Sohn des Johann Carselis, geb. 3. Febr. 1703 auf Haus Wohnung, empfängt dieser die Lehen Wohnung, Lackhausen und Indoornick am 9. Jan. 1726. Er war Kanzler von Geldern. Sein Amt hielt ihn von Haus Wohnung fern. Durch Erbteilungsvertrag ging es 1740 in den Besitz seines jüngeren Bruders über, endgültig 1748 per Abtretung. Verheiratet war Reiner Johann Theodor mit Maria Eleonore v. Elverfeldt; diese setzte nach ihres Mannes Tod ihren Neffen Friedrich Christian v. Hamm 1781 zu ihrem Universalerben ein. In 1778 erbte dieser bereits Haus Ahr von seinem Onkel Benedictus v. Hamm.

Wilhelm Kaspar v. Doornick V
Der Bruder des Reiner Johann Theodor ist der letzte seines Geschlechts auf Haus Wohnung.
Während seine Geschwister dort geboren wurden, erblickte er am 14. Dez. 1714 auf Haus Steprath das Licht der Welt.
Im jahrelangen Streit um das Holzschlagen an der Wülbeck greift nun Wilhelm Kaspar in die Auseinandersetzung ein. Die Wülbeck ist durch den Erbvertrag von 1740 sein Eigentum geworden. Es wird klargestellt, dass dieses Waldgebiet – in unmittelbarer Nähe des Hauses Wohnung gelegen – Bestandteil des Lehens ist. Die Wülbeck wie die anderen Lehngüter sind schatzfrei. Die Belehnung empfing er am 1. Aug. 1748. Nach den Bedingungen, unter denen sein Großvater 1653 von Anna v. Ulft Gut Lackhausen übernahm, hätte er sich jetzt v. Ulft-Doornick nennen müssen, wie es noch sein Vater befolgte: „Doornick genannt Ulft“. Doch er ließ diesen Beinamen fallen und führte auch in seinem Siegel nicht das Ulftsche Wappen.

Mit dem Besitz von Haus Wohnung ist z. B. 1956 noch die Fischereigerechtsame am rechten Rheinufer vom Stapp bis zur Rotbachmündung verbunden. Sie wurde von Wilhelm Kaspar per Erbpachtvertrag erworben. Danach erhielt er die Fischerei „vom letzten Häuschen am Stapp, Wefers oder Böhmers Kate genannt (danach Brinkmann), bis an die Wohnungsche Beek“ für jährlich 12 Reichstaler und 24 gute Groschen, die er an die Rentei Dinslaken abzuführen hatte. Auch die Rechte für die Fischerei in einem Leitgraben am Stapp besaß er und bescherte ihm großen Fischreichtum; aber nicht, ohne dass es zuvor Streitigkeiten gegeben hatte.

Auch Wilhelm Kaspar war etwas 30 Jahre lang Oberkirchmeister der Kirchengemeinde Eppinghoven und mit ihm Benedikt v. Hamm auf Haus Ahr. 1782 trat er von seinem Posten zurück. Aber auch an anderer Stelle erwies er sich als Fürsprecher. Endlich sollte eine Brücke über den Rotbach bei Haus Wohnung gebaut werden. Weil die Durchquerung des Rotbachs wegen seiner steilen Uferböschungen große Schwierigkeiten bereitete und für die „schweren Frankfurter Landskarren“ besonderen Vorspann erforderte und die Furt bei hohem Wasserstand nicht passierbar war, nahmen die Fuhrleute ihren Weg von Duisburg nach Wesel und umgekehrt über Dinslaken, wodurch der Stadt ein nicht geringer wirtschaftlicher Vorteil erwuchs. Als die Bürger von Dinslaken von dem Vorhaben des Amtes Götterswickerhamm Kenntnis bekamen, erhoben sie gegen den Brückenbau Einspruch (14.04.1772). Der Erbentag von Götterswickerhamm entgegnet am 6. Mai 1772: „Die Brücke ist eine dringende Notwendigkeit.“ Am 4. Dez. 1773 kann die Abnahme der fertigen Brücke erfolgen.

Es kam die Zeit, da Wilhelm Kaspar v. Doornick letzte Bestimmungen über seinen Nachlass traf; sein einziges Kind, Johanna Elisabeth, war verstorben, ebenso ihr Ehemann. Sie hinterließen einen Sohn (Wilhelm Christian v. Nagel, geb. 1770) und zwei Töchter. Wilhelm Christian wird durch das Testament zum Universalerben ernannt. Namen und Wappen derer von Doornick und von Nagel sollten zusammengeführt werden. 1794, nachdem Haus Wohnung fast 200 Jahre seinem Geschlecht zu eigen war, starb der letzte „Heer van de Wonning“.

Unter den Herren v. Nagel-Doornick hörte Haus Wohnung auf, ständiger Wohnsitz eines adeligen Geschlechts zu sein.

Wilhelm Christian v. Nagel I
Die Belehnung des Wilhelm Christian fand 1801 statt; zuvor war das linksrheinisch gelegene Land an Frankreich gekommen.
Es war die letzte Belehnung mit Haus Wohnung und den anderen Gütern, die vollzogen wurde.
Als auch das rechtsrheinische Gebiet unter französische Fremdherrschaft geriet, hob der neue Gewalthaber Napoleon das alte klevische Lehnwesen auf.

Aus den bisherigen Lehngütern wurde freies Besitztum. So wurde das Lehngut Wohnung zu einem freien Erbgut!

Durch den Ehevertrag vom 15. Okt. 1794 regelte Wilhelm Christian v. Nagel die Besitzverhältnisse mit Antoinette v. Schell. Die dort getroffenen Vereinbarungen traten schon 1805 für die Witwe in Kraft, als ihr Ehemann verstarb.

August v. Nagel II
Der einzige Sohn, August v. Nagel, wird zum Alleinerben bestimmt; die 3 Töchter erhalten je eine Jahresrente. Ihm waren nur 40 Lebensjahre beschieden; seine Frau Huberta v. Meerfeld hatte er testamentarisch zum Vormund seiner drei noch unmündigen Kinder bestellt.

Clemens v. Nagel-Doornick III – einziger Sohn des August, der beim Tod des Vaters erst 4 Jahre alt war, lebte bis 1900. Auf ihn folgte

August v. Nagel-Doornick IV (gest. 1935)
Wie dieser über die Verwaltung seiner Güter dachte, offenbart folgende, aus heutiger Sicht sehr „nachhaltige“ Äußerung:
„Es ist nicht meine Aufgabe, das letzte aus den Höfen herauszuholen, sondern dafür zu sorgen, daß die Gebäude erhalten und die Äcker ertragsfähig bleiben.“
Und was den Holzeinschlag betraf, so sagte er: „Ich muß darauf achten, daß auch meine Nachfolger einen guten Baum fällen können.“
Erben des Besitzes sind die Söhne seines Bruders; von diesen bekam

Joseph v. Nagel V
Haus Wohnung mit den dazu gehörenden Pachthöfen und Ländereien sowie Haus Lackhausen.
Er hegte wenig Interesse an diesem Besitz und verkaufte ihn 1937 an die Thyssenschen Gas- und Wasserwerke G.m.b.H. in Duisburg-Hamborn; danach in den 50-er Jahren befindet sich Haus Wohnung im Besitz der Bergwerksgesellschaft Walsum m.b.H.

Verfasserin: Ingrid Hassmann 2019 (unter Verwendung der Angaben des Walter Neuse in den Kapiteln
„Zur Geschichte des Hauses Wohnung“, S. 7 – 81)

Quelle: Beiträge zur Geschichte und Volkskunde des Kreises Dinslaken
am Niederrhein, Bd. 1
„Die Geschichte der Rittersitze Haus Wohnung und Haus Endt“
von Walter Neuse;
Verlag: Schmidt-Degener & Co., Neustadt-Aisch, 1956