Kirchengeschichte 1704 – 2011 von Pfarrer H.Eickmeier

Geschichte der Gemeinde
Ende des 17. Jahrhunderts veranlasste Genoveva Maria von Syberg, die Herrin auf Haus Voerde, die Gründung einer eigenen reformierten* Gemeinde.

  • die reformierte Kirche geht auf den Reformator Calvin zurück, der einen noch radikaleren Bruch mit der katholischen Kirche vollzog. Reformierte Gotteshäuser zeichnen sich durch eine schlichte Architektur und fehlenden Schmuck in der Kirche aus.
    Seit 1691 fanden Gottesdienste in Haus Voerde statt. Gemeindeglieder waren damals vor allem die Pächter und Angestellten von Haus Voerde und einige wenige reformierte Familien in der Umgebung
    Diese Patronatsgemeinde bestand bis 1856 und existierte dann als selbständige reformierte Kirchengemeinde neben der lutherischen Gemeinde in Götterswickerhamm. 1925 wurden beide Gemeinden zur jetzigen evangelischen Kirchengemeinde Götterswickerhamm vereinigt.

Kirche, Friedhof und Pfarrhaus
1704 wurde an heutiger Stelle eine Kapelle für die kleine reformierte Gemeinde gebaut. Ihr südlicher Teil (Altarseite) diente als Kirchraum mit Totenkeller, der nördlicher Teil als Wohnung des Predigers.
Unterhalb der Kapelle, an der alten Landstraße von Duisburg nach Wesel, wurde bald ein Schulgebäude errichtet. Irgendwann im 19. Jahrhundert ist diese Schule „verschwunden“, ihre Grundmauern wurden aber bei der Erweiterung des Friedhofes in Richtung Frankfurter Str. ausgegraben.

1854 brannte die alte Kapelle ab. Auf den Grundmauern wurde die heutige Kirche 1859 in ihrer jetzigen Gestalt aufgebaut und die erste Glocke eingesetzt.

1952 stiftete der damalige Bürgermeister Küttemann eine neue Glocke, die noch heute zum Gottesdienst ruft. Die alte Glocke steht nun rechts vom Eingang auf einem Podest. 2006 schwieg das Geläut für mehrere Monate. Die Lager des Glockenjochs waren ausgeschlagen, Glockenjoch und Klöppel stark beschädigt. Durch die Spenden der Familie Werthmann und der „Heinz und Lydia Rühl-Stiftung“ konnten das Glockenjoch samt Lager und der Klöppel erneuert werden. Nun läutet die Glocke wieder zu allen drei Tageszeiten um 7.00 Uhr, 12.00 Uhr und 18.00 Uhr.

Auf der Turmspitze der Kirche ist über dem Kreuz die Noahtaube mit Ölzweig zu sehen, das Symbol im alten Kirchensiegel der reformierten Gemeinde. 2006 war die Halterung durchgerostet und wurde von Willy Schulz aus Stockum wieder instand gesetzt.

Das große Pfarrhaus wurde 1862/63 mit Räumen im Erdgeschoss für Gemeindegruppen und Unterricht errichtet und steht wie die Kirche unter Denkmalschutz.

Die Eiche vor der Kirche wurde 1871 (Ende des deutsch-französischen Krieges) für den Kaiser als Friedenseiche gepflanzt, die alte Linde steht bereits seit 1861 auf dem Kirchhof.

Der Friedhof wurde 1754 erstmals belegt und 1888 mit Mauer und schmiedeeisernem Zaun eingefriedet. Nach Auflösung der Privatfriedhöfe an Haus Ahr und Haus Voerde wurden einige besondere Grabmale auf diesen Friedhof überführt. So stehen hier drei denkmalgeschützte Grabmale aus Eisenguß der Familien Tendering und Wittenhorst-Sonsfeld. Außerdem befinden sich auch Gräber der Edelleute von Plettenberg von Haus Mehrum auf unserem Friedhof.
Außen an der Ostwand der Kirche stehen zwei Grabplatten der Familie Tendering. Auf ihr sind eine verpuppte Raupe und ein Schmetterling eingemeißelt. Symbole für Tod und Auferstehung.

Kirchensilber
Aus den Anfängen der reformierten Gemeinde stammen einige alte Gegenstände, die sich noch immer im Besitz der Kirchengemeinde befinden: Ein Abendmahlskelch von 1653 mit den Initialen CVS (Caspar von Syberg) aus Haus Voerde.
Eine silberne Weinkanne und ein silberner Brotteller von 1724, beides Stiftungen der Freifrau Maria Charlotte Johanna Cunigunde von Syberg, geb. von Elverfeld (MCJCVE)
Eine Taufkanne und Taufschale in Silber sind Geschenke des Freiherrn von Plettenberg an die Gemeinde anlässlich der Taufe ihres ersten Kindes am 9.1.1870

Innengestaltung
Während des Rheinübergangs der Alliierten im März 1945 wurde die Kirche durch Artilleriebeschuss schwer beschädigt. Erst 1956/57 war die Gemeinde in der Lage, diese Schäden endgültig zu beseitigen. Die Fenster waren eine Stiftung der Gute-Hoffnungs-Hütte Sterkrade. Leider wurden auch die bunten Fenster rechts und links des Chores zerstört, die 1883 der Freiherr von Plettenberg aus Mehrum gestiftet hatte. Lediglich das Rundfenster vom Stockumer Frauenverein aus dem Jahr 1935 hatte den Krieg überstanden.

Ebenfalls in den Jahren 1956/57 wurden Kanzel, Bänke, Abendmahlstisch und die Holzvertäfelung aus Eichenholz gefertigt. Im Eingang und im Altarraum verlegte man rote Sandsteinplatten.

Der dreiarmige Kerzenleuchter auf dem Altar wurde ebenso wie der Ständer für die Taufschale von Paul Wolters aus Stockum geschmiedet und 1984 zum 125-jährigen Jubiläum des jetzigen Kirchengebäudes gestiftet. Die drei Kerzen auf dem Altar erinnern an die Dreieinigkeit Gottes (Vater, Sohn und Heiliger Geist).
Im Jahr 2010 entstand in der Schmiede Isselhorst noch eine dazu passender Kerzenständer für die Osterkerze, die seit dem Jahr 2000 rechts vom Altar steht.

Die Beleuchtung wurde nach einem Entwurf der Innenarchitektin Eva Filter aus Düsseldorf erstellt. Ihm liegt ein Motiv aus dem Buch der Offenbarung zugrunde:
Dort wird das neue Jerusalem beschrieben, die Heilige Stadt, die vom Himmel herabkommt, wie eine geschmückte Braut. Sie soll eine quadratische Stadtmauer haben mit 12 Toren und Perlen an ihren Ecken. Die Zwölf Tore heißen wie die 12 Stämme Israels. Entsprechen ist der Deckenleuchter gestaltet.
Die 12 Wandleuchten im Kirchenraum entsprechen den 12 Grundsteinen des neuen Jerusalem, die die Namen der 12 Apostel tragen.

Seit Ostern 2009 besitzt die Gemeinde ein Ölbild der Voerder Künstlerin Martina Reimann. Zu sehen ist es nur zu den Christusfesten an der linken Chorseite hinter dem Altar. Das Bild zeigt eine weite Landschaft, durch die ein Weg aus dem dunklen Vordergrund in das helle Licht der aufgehenden Sonne führt. Ein Symbol für den Ostermorgen und das Christus-Wort: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8)
2011 stiftete der Junge Erwachsenen Kreis anlässlich seines 30 jährigen Bestehens ein weiteres Bild von Martina Reimann. Es zeigt einen Baum, der im Wandel der Jahreszeiten wächst und sich verändert.

Paramente
Das Parament über dem Abendmahlstisch stammt ebenso wie das Kanzelparament aus den Werkstätten des Diakonissenhauses in Kaiserswerth.
Der Kanzelbehang stellt die Taube mit dem Ölzweig im Fensterrahmen der Arche Noah dar. Das Altarparament zeigt Motive aus der Bergpredigt Jesu – eine Sonne, Vögel und stilisierte Lilien. „Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute“ (Matth. 5,45) und: „Seht die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht vielmehr als sie ? … Schaut die Lilien auf dem Felde an, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet ist wie sie.“ (Matth. 6, 26, 28, 29)
Ebenfalls aus Kaiserswerth stammt das violette Altar- und Kanzelparament (2008). In der Advents- und Passionszeit weist es mit dem uralten Motiv des Labyrinthes auf die nicht immer geraden Lebenswege der Menschen. Ein Silberfaden führt dabei aus dem Zentrum des Labyrinthes nach außen und endet oben am Kanzelparament unter einem silbernen Kreuz. Unser Lebensweg hat irgendwann sein Ziel erreicht. Aber über allem steht das Wort vom Kreuz.
Seit 2002 besitzt die Gemeinde außerdem zwei weiße Paramente (in Seidenbatik) der Voerder Künstlerin Martina Reimann. Sie werden zu den Christus-Festen aufgelegt und zeigen an der Kanzel einen Weinstock mit Rebe, nach dem Christus-Wort: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Johannes 15,5
Das weiße Altarparament zeigt die Sonne und den Regenbogen über dem Wasser – Zeichen des neuen Bundes Gottes mit den Menschen nach der Sintflut.

Vom ursprünglich reformierten Charakter der Kirche ist durch den Lauf der Geschichte vieles verschwunden, bzw. anderes an seine Stelle getreten.
Blumenschmuck, Osterkerze oder gar Bilder im Kirchraum entsprechen zwar nicht der reformierten Tradition, sind aber vielleicht ein kleiner Ausdruck der Hoffnungen und Sehnsüchte der Menschen unserer Zeit, die Gott mit vielen Sinnen erfahren möchte.

Die außen und innen immer wiederkehrenden Motive aus der biblischen Erzählung von der Sintflut und der Arche Noah sind hingegen deutliche Erinnerungen an reformierte Theologie, die sich immer des Bundes Gottes mit den Menschen vergewissert:

Und Gott sprach in seinem Herzen:
Ich will hinfort die Erde nicht mehr verfluchen
um des Menschen willen.
Solange die Erde steht,
soll nicht aufhören Saat und Ernte,
Frost und Hitze,
Sommer und Winter,
Tag und Nacht.

1.Mose 8, 21+22

Förderverein
Alte Gebäude kosten viel Geld, wenn sie nachfolgenden Generationen erhalten bleiben sollen. Am Anfang des neuen Jahrtausends hatte der Zahn der Zeit gewaltig an der Voerder Kirche genagt, innen wie außen.

Die gesamte Renovierung des Innenraumes konnte bis zum Jubiläum 2004 aus privaten Spenden finanziert werden. Orgel und Außenfassade, Geläut und Turmspitze aber waren die nächsten Sorgenkinder.

Günther Kalisch baute 2004 anlässlich der 300-Jahr-Feier unsere kleine Kirche als Holzmodell nach und stellte dieses Modell als „Spendendose“ am Eingang auf.

Am 8. September 2006 gründete sich auf Initiative von Friedhelm Werthmann der Förderverein zum Erhalt unserer Kirche in Stockum. Erste Gründungsmitglieder waren die Stockumer Heimatfreunde und die Bezirkspresbyter der Voerder Kirche.
Den 1.Vorsitz übernahm Walter Seelig, das Amt des Schatzmeisters Gerd Rademacher aus Stockum. In seinem ersten Jahr traten dem Verein über 70 Menschen bei, so dass 2009 die Renovierung der Fassade und der Turmhaube vorgenommen werden kann.
Bei der Gründung des Fördervereins erwarb Ingrid Kempken-Weuster eine große Orgelpfeife aus der alten Orgel in Friedrichsfeld. Willy Schulz arbeitete diese Orgelpfeife zur Spendendose um. So steht sie nun neben dem Eingang und wartet auf kleine und große Spenden, damit auch unsere Kinder und Kindeskinder in der Voerder Kirche ihre Lebensfeste und Gottesdienste feiern können.