Der Grabfund von Mehrum wurde auch in der Fachliteratur beschrieben und ausgewertet. Bereits 1891 veröffentlichte der Verein von Alterthumsfreunden im Rheinlande in seiner Jubiläumsfestschrift die Untersuchung des bekannten Archäologen Adolf Furtwängler über die „Die Bronzeeimer von Mehrum“.

Die wichtigste Publikation aus jüngerer Zeit ist die 1983 erschienene Veröffentlichung von Michael Echter und Jürgen Kunow, „Der Krieger von Mehrum. Zur Neuaufstellung und Rekonstruktion eines wichtigen Grabfundes aus römischer Zeit“ in: Das Rheinische Landesmuseum Bonn. Berichte aus der Arbeit des Museums. Die Untersuchungsbefunde der beiden Wissenschaftler sind im Folgenden wiedergegeben:

„Das kleinere Bronzegefäß mit Frauenkopfverzierung diente wahrscheinlich als Urne und enthielt neben dem Leichenbrand noch einzelne Beigaben wie eine Bronzeflasche, Leder- und Textilreste und nicht näher beschriebene Bronzereste. In unmittelbarer Nähe der Urne standen in der Grabstätte die drei weiteren Bronzeeimer. Teilweise an diese gelehnt fand sich das weitere Grabinventar, bestehend aus Schwert, Dolch, Lanze, Schild. Für die Altersbestimmung des Grabes war dabei besonders der Fund zweier Keramiken von Bedeutung. Durch die gestempelten Terra sigillata-Platten lässt sich das Grab in etwa auf das 6. Jahrzehnt nach Christi Geburt datieren.

Das Grabinventar gibt wichtige Aufschlüsse über den Toten, der kurz nach der Mitte des 1. Jahrhunderts hier bestattet wurde. Einzelne Beigaben wie etwa das einheimische Trinkhorn deuten darauf hin, dass es sich bei der bestatteten Person um einen Germanen handeln muss. Ganz ungewöhnlich jedoch ist dessen Bewaffnung. Auf den ersten Blick mögen die Waffen sich kaum von zeitgleichen römischen unterscheiden, doch verrät eine nähere Betrachtung die Herkunft aus unterschiedlichen Bezugsquellen. Wir können originalrömische Produkte (Lanze, Schild) von solchen trennen, die römischen Vorbildern nachempfunden wurden. Schwert und Dolch fehlt die charakteristische Einziehung im oberen Teil der Klinge; dieses Merkmal weist sie als Imitationen aus. Auch die mitgefundenen Gürtelteile, an denen Schwert und Dolch befestigt waren, unterscheiden sich im Detail von den römischen Gürteln (cingulum) der Legionäre und Auxiliare, die uns durch Soldatengrabsteine gut bekannt sind. Das Mehrumer Grabinventar erweist sich damit als Mixtum compositum originalrömischer, römisch imitierter und germanischer Formen.

Ähnliche Waffengräber auf reichsrömischem Gebiet, wenn auch nicht derart reich, kennen wir auch von anderen Gegenden der Rheinfront, besonders aus dem Koblenzer Raum. Unser Mehrumer Befund kann also einer ganzen Gräbergruppe zugewiesen werden, die sich durch die Waffenbeigabe von dem sonstigen provinzialrömischen Milieu abhebt. Auffällig bei dieser Gruppe ist neben der Tatsache der Waffenbeigabe die unmittelbare Nähe zum Limes und die Zeitstellung, die sich grob gesprochen auf die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts begrenzen lässt. Der einheitliche Charakter dieser Gräbergruppe lässt an Einheimische (Germanen) denken, die besonders in diesem offensiven Abschnitt der römischen Germanienpolitik eine wichtige Rolle einnahmen. Bereits von Cäsar wissen wir, dass er sich Einheimischer als Kundschafter (exploratores) auf seinen Feldzügen bediente. Diese exploratores waren zu eigenen Einheiten zusammengefasst und besonders für die Feindaufklärung geeignet, da sie Kriegsführung und Gelände ihrer Stammesbrüder und -nachbarn vorzüglich kannten. Der Mehrumer Krieger könnte ohne weiteres solch ein explorator gewesen sein, der in den Zeiten der Germanenkriege sein Glück machte.

Allerdings steht der persönliche Wohlstand, der besonders durch die 4 Bronzeeimer im Grabinventar zum Ausdruck kommt, in einem gewissen Gegensatz zur sonstigen Stellung der exploratores. Aus den spärlichen schriftlichen Nachrichten gewinnt man nämlich eher den Eindruck, dass diese Kundschafter kein besonderes soziales Ansehen genossen. Es liegt deshalb näher, an eine weitere Gruppe von Germanen zu denken, die zeitweilig für das römische Militär operierte. Bis zum Ausbruch des Bataveraufstandes (69/70 n. Chr. Geburt) nennen die antiken Quellen immer wieder sogenannte tumultuarische Einheiten. Es handelt sich hierbei um germanische Verbände, die unter einheimischer Führung und römischem Oberbefehl standen. Sie wurden nur zu einzelnen kriegerischen Aktionen ad hoc aufgestellt, nach Durchführung eines Feldzuges entlohnt und anschließend in die Heimat zurückgeschickt. Diese schnell rekrutierbaren Verbände eigneten sich natürlich im besonderen Maße zur Kriegsführung. Seit flavischer Zeit, also im Anschluss an den Bataveraufstand, fielen sie jedoch in die Bedeutungslosigkeit, da das römische Imperium jegliches Interesse an weiteren Eroberungen in Germanien verloren hatte. Man verstärkte den Limes und akzeptierte den Rhein als Reichsgrenze.

Die Gruppe der Waffengräber, zu der auch das Mehrumer Grab gehört, lässt sich aus zeitlicher Sicht gut mit den schriftlich belegten tumultuarischen Einheiten in Deckung bringen. Wenn wir diesen Gedanken aufnehmen, müssen wir in dem reichen Kriegergrab von Mehrum wohl den Anführer einer solchen Einheit sehen. Seine Dienste wurden ihm wie die capuanischen (süditalischen) Bronzegefäße und auch das übrige Inventar (Terra sigillata-Platten) belegen, angemessen belohnt. Bei der Neuaufstellung des Mehrumer Grabfundes im Rheinischen Landesmuseum Bonn wurde auch der Versuch unternommen, eine Rekonstruktion des Kriegers zu er stellen (Bild) Da sich von der Textiltracht in dem Brandgrab natürlich keine Reste er halten konnten, dienten zeitgleiche Moorfunde aus Norddeutschland als Vorlage für den Kittel, die Hose, die Wadenbinden und das Schuhwerk. Zumindest gibt diese Zeichnung eine Vorstellung, wie der Krieger von Mehrum zu Lebzeiten ausgesehen haben mag. Eine nähere Präzisierung erlauben die archäologischen Bodenfunde nicht. Auf jeden Fall ist das im heutigen Kreis Wesel gefundene Grab von Mehrum ein wichtiges historisches Dokument der kriegerischen Ereignisse im 1. Jahrhundert n. Chr. Geburt.“