Schüler auf den Spuren der Voerder Geschichte

Inzwischen ist es guter Brauch, dass der Heimatverein Voerde jedes Jahr zum Schuljahresende mit allen 7. Klassen des Gymnasiums Voerde bei einer Bustour historische Plätze in Voerde aufsucht.
Was als willkommene Abwechslung vom Schulalltag begann, führte bald zu erstaunten Äußerungen über die lange Geschichte Voerdes und am Ende der Tour auch zu Betroffenheit. Die Fahrt begann in Götterswickerhamm an der heute evangelischen Kirche. Mit einleitenden Worten und einer Schweigeminute, um den Kirchenraum wirken zu lassen, begrüßte Pfarrerin Hanke Ibbeke in der Kirche. Tatsächlich schafften es alle – Schüler wie Erwachsene – dass eine Minute kein Rascheln, kein Husten, kein Räuspern die Ruhe störte.


Danach erläuterte Focko Hieronimus die Geschichte von Kirche und Adelssitz Götterswickerhamm, als Ausgangspunkt der heutigen Stadt Voerde. Er beeindruckte die Schüler mit seinen detaillierten Kenntnissen über das Gebäude und seine historische Ausstattung. Danach schuf er den Übergang zu den nächsten Stationen, indem er davon erzählte, wie ihn als Kind die Nachwirkungen des Krieges im Dorf beeindruckt hatten. Man meinte, die von ihm beschriebenen Helme der getöteten Soldaten noch vor sich zu sehen.

Am Mahnmal Buschmannshof erwartete Marlies Wellmer die Gruppe. Sie weckte die Erinnerung an die Mütter und Ihre Babys, die im Voerder Zwangsarbeiterlager des Essener Unternehmens Krupp untergebracht waren. 99 Säuglinge und Kleinkinder starben, wegen Unterernährung und mangelnder medizinischer Versorgung. Marlies Wellmer und Dorothee Dicke, die die Gruppe an der nächsten Station erwartete, waren beide Mitglieder der inzwischen aufgelösten Friedensgruppe Voerde. Einige Kinder der Zwangsarbeiterinnen aus dem Lager Buschmannshof und viele weitere Menschen, die durch Kriege seit 1871 ums Leben kamen, wurden auf dem umgangssprachlich “Franzosenfriedhof“ genannten Gräberfeld in Friedrichsfeld bestattet. Dorothee Dicke lud die Schüler ein, sich selbst auf dem großen Friedhof umzusehen und die Gräber zu entdecken. Danach erläuterte sie auf ruhige und sachliche Art, warum hier Franzosen, Engländer, Belgier, Italiener, Portugiesen, Serben, Russen, Ukrainer – Muslime und Christen – bestattet sind. Allein während des Ersten Weltkriegs waren bis zu 25.000 gefangene Soldaten auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in Friedrichsfeld untergebracht. 620 starben hier, Hunderte von ihnen an Krankheiten und Seuchen. Der 1871 angelegte Friedhof wurde trotz seiner großzügig bemessenen Fläche bald zu klein.

Durch die Erläuterungen vor Ort nahmen die Schülerinnen und Schüler an den extrem heißen Ausflugstagen viele neue Erkenntnisse mit zurück in die Schule. Der Wunsch der Organisatoren ist es, dass sie bei anderer Gelegenheit an die lokalen Stätten der Erinnerung zurückkehren, vielleicht mit ihren Familien, um sich weiter mit der Lokalgeschichte auseinanderzusetzen.

Alle drei aufgesuchten Orte sind Stationen des vom Heimatverein initiierten und realisierten „Voerder Geschichtspfades“. Weitere Informationen dazu finden sich unter folgendem Link: Voerder Geschichtspfad – Heimatverein Voerde – Niederrhein e. V.